Freitag, 20. Mai 2005
Außerirdische
"Ich bin ein Berliner". Wie schon ein berühmter amerikanischer mittelmäßig lang lebender politisch ambitionierter Frauenheld gesagt hat. Für die Menschen die von einem schöneren Flecken dieses Landes stammen: Nein, ich bin kein Pfannkuchen. Ein Pfannkuchen ist für mich auch eigentlich ein Eierkuchen. Selbstredend bin ich auch kein Eierkuchen. Weshalb ich meine Herkunft als ein in anderem Zusammenhang vielleicht unwichtiges Detail erwähne? Ich war mit ein paar Freunden in einem Restaurant in Berlin. Plüschig eingerichtet, echte Kerzen in fünfarmigen Leuchtern, mittlere Preisklasse, sehr lecker aussehendes Essen. Ungefragt stellten uns die ununterbrochen um uns herumwuselnden extrem ambitionierten Kellner eine Reihe von kleinen Leckerein auf den Tisch. Bei uns machte sich ätherisches Unbehagen breit. Im Grunde plagte uns nur der Durst.
„Was darf ich Ihnen bringen“.
„Ein Wasser bitte“.
Lächelnd: „Sehr gern“
„Ein alkoholfreies Bier“
„Sehr gern, gute Wahl“
„Ein Bier“
„Sehr gern“
„Nichts danke“
„Sehr gern, sehr gute Wahl“
Nach etwa 15 weiteren Fragen ob wir mit dem Getränken auch zufrieden sind und uns auch rundum wohl fühlen, noch mehr „sehr gern“, wann immer wir aus unserer ungläubigen Erstarrung aufwachen, fordern wir die Rechnung und möchten bezahlen. Ich bekomme es langsam mit der Angst zu tun. Vielleicht werden wir gleich noch zum Abschied massiert, oder geküsst. Vielleicht sind wir auch seit Monaten die einzigen Gäste, die sich in das Etablissement verirrt haben. Aber nein das Lokal ist trotz später Stunde gut gefüllt. „Sehr gern“. Was soll denn das. Ich bin als Berliner soviel Höflichkeit und Freundlichkeit einfach nicht gewöhnt. Ich kriege da Panik. Es stellt sich das Gefühl ein in eine Falle gelockt zu werden. Da muss einfach ein furchtbares für mich völlig unkalkulierbares Kalkül hinter stecken. Was wollen diese Fremdlinge von mir. Wenn mir ein Berliner eins überbrät denke ich der hat mich lieb. Das ist echt. Das muss so sein. Habe ich immerhin mit der Ersatzmuttermilch aus Soja und Buletten von klein auf aufgenommen.

Falls Sie nach Berlin kommen, und zum Beispiel Tanzen gehen, dabei versehentlich ein anderes Paar anrempeln, entschuldigen Sie sich nicht. Sagen sie etwas wie: „Wenn Sie noch einmal mit Ihrer Dame nach mir werfen, schlage ich Sie mit meiner zu Boden.", oder so etwas in der Art. Das macht Eindruck und Sie werden nicht gleich als Tourist enttarnt.

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Donnerstag, 19. Mai 2005
Rezeptoren
Tan|go|re|zep|to|ren <lat.-nlat.> die (Plural): berührungsempfindliche, auf mechanische Reize reagierende Sinnesorgane (Med.)

(c) Dudenverlag


Wer hätte das gedacht. Es gibt sogar spezielle Rezeptoren für den Tango. Jetzt frage ich mich wo genau diese sitzen? Und hat die jeder? Müssen diese trainiert werden? Kein Wunder das mit dem Tango oft Gefühle wie Schmerz und Lust verbunden werden. Sogar Suchtkranke soll es schon geben, die sich tagein tagaus in Ballhäusern herumtreiben und daraus nicht mehr allein herausfinden. Das Hören von Tangomusik ist meist die Einstiegsdroge, danach wird oft nach nur kurzer Zeit Milonga geraucht oder sogar direkt gespritzt.

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen führt das Hören von Tangomusik zu Veränderungen der Gemütsstruktur und kann grundsätzlich schwere seelische Krise erzeugen oder vorhandene verstärken. Die Selbstmordgefahr ist groß bei regelmäßigem Genuss. Der Gesetzgeber ist gefragt und sollte einschreiten und auf jede CD, welche randvoll mit Tangomusik gepresst ist, schreiben „Der Kulturminister warnt: Regelmäßiger Verzehr dieser Musik nur bei ausgeglichener Seelenlage“. Dies führt mich direkt zu den auf Zigarettenpackungen stehenden Warnhinweisen, das Rauchen sei schädlich, und dem in einer EU Richtlinie beschlossen Werbeverbot für Tabakwaren. Die Bundesregierung hat dem Werbeverbot zumindest im Fernsehen und Rundfunk zugestimmt, tut sich aber ein wenig schwer dies auch auf Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften, sowie Bandenwerbung bei Großveranstaltungen auszudehnen.

Das ist doch alles Quatsch. Die Werbewirtschaft selbst weis genau Werbung hat überhaupt keinen Effekt und kann deshalb ruhig weiter praktiziert werden. In Italien ist die Tabakwerbung schon seit Jahren verboten. Trotzdem hat sich der Tabakkonsum im Verbotszeitraum verdoppelt. Na bitte. Immerhin geht es hier um den Wirtschaftstandort Deutschland. Wo sollen wir hin mit den ganzen Tabakplantagen, die es hier überall gibt. Denkt denn niemand an die armen Bauern. Was sollen die denn jetzt anbauen? Mohn?

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Mittwoch, 18. Mai 2005
Seele
1.
Auf die Frage an Juri, sieben Jahre alt und Anton 5 Jahre alt was wichtig sei im Leben bekomme ich folgende Antwort: Freunde, Gerechtigkeit, Essen sowie Seele. Die Seele sitzt im Bauch und hört Techno-Musik.

2.
Das Wort Seele (nafs) wird im Koran wie auch das auf den Menschen bezogene Wort Geist (ruh) als Lebensprinzip betrachtet. Die Mehrheit der muslimischen Theologen bekräftigen den Glauben an die Existenz der Seele im Menschen. Gegen die Lehre der Philosophen, die von der Seele als einem sich vom Körper unterscheidenden geistigen Prinzip ausgehen, betonen die Theologen im Islam die Verbindung zwischen Seele und Körper: Die Seele wird in der Zeit erschaffen, sie belebt den Körper und ist sein Lebens- und Handlungsprinzip, sie nimmt an seinen Eigenschaften teil (Raum, Bewegung), sie trennt sich beim Tod vom Körper, lebt ohne diesen jedoch weiter. Bei der Auferstehung am Ende der Zeit wird sie mit dem Körper wieder vereinigt werden.
[Lexikon des Islam: Seele. Lexikon des Islam, S. 1250 (vgl. LdIslam Bd. 3, S. 670) (c) Verlag Herder]

3.
Allgemein. Seele (griech. psyche, lat. anima, d.h. Hauch) ist wohl der komplexeste und tiefste anthropologische Begriff. In ihm versuchten frühere Kulturen und Religionen im Rahmen ihrer Gottes- und Weltbilder fundamentale Merkmale der Dinge - insbesondere aber des Menschen - wie in einer Kurzformel zu fassen: Emotionalität, Vitalität, Ganzheitlichkeit, Transzendenz im Sinne einer Verbindung mit dem umfassenden Ganzen, dieses meist als Gott verstanden, womit zugleich auch das örtlich-leibliche und zeitliche Jenseits, das Woher und Wohin über unsere körperliche Gefangenschaft und Begrenztheit hinaus gemeint war, kurz: Seele war das Wesen des Menschen, das entscheidende Etwas als feinstoffliches Substrat oder als Prinzip, das den Menschen mehr sein ließ als die Summe seiner vorfindbaren Teile und Funktionen ( Animismus).
Da diese Vorstellungen über Logik und Empirie hinauswiesen, waren sie nur in mythischer Rede faßbar ( Mythos, Urteil). Indem diese durch die Herrschaft des rationalen Verstandes ausgelöscht wurde, indem andererseits der Glaube an Gott schwand, verlor auch die Seele an Würde und Bedeutsamkeit, drohte zugleich urtümliches Wissen um die psychosomatische Ganzheit verloren zu gehen ( Säkularisierung). Nietzsche (1844-1900): »Wir haben ein Nervenkostüm, keine Seele«.
[Lexikon: Seele. Taschenlexikon Religion und Theologie, S. 3230 (vgl. TRT Bd. 5, S. 24-25)]

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