Montag, 9. Januar 2006
Es reicht nicht keine Gedanken zu haben, man muss sie auch nicht ausdrücken können.

Frei nach Karl Kraus

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Mittwoch, 30. November 2005
Flugangst
Wenn ich in ein Flugzeug steige befällt mich eine seltsame Beklemmung, Bedrückung, Erregung und es stellt sich ein Gefühlszustand von quälender Verzweiflung ein. Begleitet wird dies durch deutliche körperliche Symptome wie erhöhter Pulsschlag, Atemnot, Schweißausbruch, gesteigerte Blasen- oder Darmtätigkeit. Als dann bewirkt es bei mir eine Herabsetzung oder gar Aufhebung der Fähigkeit, Verstand und Willen zu kontrollieren. Zusammengenommen nennt mein völlig überbezahlter Psychotherapeut dies Angst. Wenn ich, selbstverständlich erst nach Verlassen des Fluggefährts, darüber nachdenke, vorher diese stammt bin ich versucht zu sagen Charlton Heston ist schuld bzw. die Filme in denen er mitgespielt hat. Vielleicht auch andere Katastrophenfilme, die sich in meinem Unbewussten festgesetzt haben. Ich versuche der Stewardess IMMER nahe zu legen, den Piloten auf KEINEN Fall Fisch zu servieren und ich selber bestelle immer im günstigsten Fall gleich mehrere Portionen Fisch um die Bestände zu dezimieren, in der Hoffnung, dass so nichts mehr für den Piloten übrig bleibt. Auch versuche ich gleich beim Besteigen eines Fluggeräts in Erfahrung zu bringen wie viele Piloten sich an Bord befinden und brülle alle sich in Hörweite befindenden anderen Fluggäste an SOFORT ihre Mobiltelefone auszuschalten. Während des Fluges lausche ich jeder Veränderung aller Geräusche und informiere das Personal SOFORT, wenn mir etwas auffällt. Bisher ist aufgrund dieser Vorsichtsmaßnahmen kein einziges Flugzeug, das ich bestiegen habe abgestürzt. Trotzdem habe ich immer Schweißperlen auf meiner Stirn und sondere auch mir unangenehme Gerüche ab. Schrecklich.

Neulich war ich auf einer Party. Alle außer mir und einem Schweizer haben im Theater gearbeitet. Der Schweizer stellte sich als Pilot heraus. Das war für mich die Gelegenheit meine Flugangst zu dezimieren. Der Schweizer stammt aus der Berner Region. Wie allgemein bekannt, sprechen Berner nicht nur einen ausgesprochen schwer zu verstehenden Dialekt, sondern sprechen auch sehr langsam. Eine Antwort auf eine meiner Fragen wurde mit einigen Sekunden Verzögerung, so wie früher Telefongespräche in die USA beantwortet. Natürlich hat das etwas Beständiges Unaufgeregtes aber irgendwie hat mich dieses Gespräch nicht wirklich beruhigt. Ich konnte mich einfach des Eindrucks nicht erwehren, das, wenn etwas während des Fluges nicht nach Plan funktioniert, das Flugzeug sich metertief in den Boden gebohrt hat bevor der Berner Pilot in der Lage ist etwas Sinnvolles zur Abwehr der Katastrophe zu unternehmen. Nachdem ich ihm meine Flugangst gebeichtet hatte, sah auch der Pilot sich in der Lage mir ein Geheimnis anzuvertrauen. Er hatte Höhenangst.

Ich werde nie wieder mit der Swiss Fluggesellschaft fliegen, denke ich.

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Dienstag, 29. November 2005
Samstagseinkauf
Samstags Vormittag in einem Supermarkt, manche würden es vielleicht auch Discounter, oder Verschleuderer nennen, habe ich wie die anderen 96.000 Kaufwütigen, die sich langsam in Weihnachtsstimmung bringen und ihre Ellenbogen spitzen, und ihre grimmigste ungnädigste Miene aufsetzen, derer sie imstande sind, meinen Wocheneinkauf erledigt, als ich nicht umhin konnte der folgenden kleinen Konversation zweier etwas müde und schlaff aussehenden Mittvierziger zu lauschen. Der eine, fettige strähnige Haare, bzw. Haarreste oder –teile, nimmt eine arg ramponierte Einkaufsliste aus der Jeansjacke und liest diese dem anderen, Lederjacke, fleckiges T-Shirt, ebenfalls ein ausgeklügeltes Haararrangement folgendes vor:
„Bier, Korn, Kleiner Feigling, Salzgebäck und Ananas, ist echt nich schwer, wah? Merkst du dir dit mit die Ananas?“

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