Mittwoch, 24. August 2005
Höschen
Ich gehe regelmäßig zum Fitnesstraining. Die Generation von Jane Fonda würde es Aerobic nennen, meine Urgroßmutter vermutlich Turnen oder Körperertüchtigung. Das Rumgehüpfe im Takt von Trommelfell vernichtender monotoner Musik unter Verrenkung aller zur Verfügung stehender Gliedmaßen, setzt bei mir ähnliche Glücksgefühle frei wie bei dem von mir verehrten Wortschnittchen der Verzehr von Orangentörtchen . Und wenn ich tiefenpsychologisch Freud bemühe, ist es auch nicht abwegig hier wie bei jener einen ähnlichen treibenden Faktor auszumachen, also einen akuten eklatanten Sexmangel meinerseits. Unterschiedliche Verschaltung von Synapsen führt eben zu unterschiedlichen Ersatz- oder Übersprungshandlungen. Vielleicht bin ich auch noch nicht (wieder) im oral fixierten Alter angelangt, oder habe noch nicht Wortschnittchens biblisches Alter erreicht.

So hangele ich mich, selbstverständlich nur im übertragenen Sinne, mühsam bei jeder sportlichen Übung von multiplem Orgasmus zu Hyperorgasmus, um meine körperlichen Gelüste zu befriedigen. Sogar lautes brunftiges Schreien gehört zu unseren Übungen, welches durch eine genaue Choreografie des Vorturners über immer lautere Musik und schnelleren Rythmus, in dionysische Ekstase mündet. Das ganze ist sehr schweißtreibend. Ich provoziere in der Regel ganze Sturzbäche salziger Lösung, welche meinem Luxuskörper ein sexy ölig glitschiges Aussehen verpasst, mich gleichzeitig nach altem nassen Hund riechen lässt. Da ich meiner Generation entsprechend zu einer klinisch sterilen Sauberkeit erzogen worden bin, ist eine Dusche nach meiner Sportorgie ein unerlässliche Notwendigkeit. Der Weg zur Dusche führt über einen Sammelumkleideraum, in welchem eine saunaähnliche Wärme und Luftfeuchtigkeit herrscht und indem sich dem Geruch nach zu urteilen noch 23 andere nasse Hunde nebst eines Käselagers befinden müssen. Meist herrscht in diesem Raum ein sehr dichtes Gedränge, bei dem ich mich bemühe möglichst nur mit den frisch geduschten Körpern versehentlich in Berührung zu kommen.

In Schwimmbädern findet man manchmal den schamhaften Hinweis sich vor dem Schwimmen in der Dusche „aller“ Schwimmsachen zu entledigen und den „ganzen“ Körper vor dem Bad einzuseifen und abzuduschen. Naturgemäß fehlt dieser patronisierende Hinweis in unserer Dusche, da es sich nicht um ein Schwimmbad handelt. Unter der Dusche findet man viel Zeit alle anderen sportbegeisterten Zölibatäre zu betrachten. Viele beherzigen die imaginäre Sauberkeitsregel. Einige der betrachteten Subjekte beherzigen dies jedoch nur zum Teil. Sie seifen ihren Schlong samt allen anderen zur Fortpflanzung nötigen Teile ausgiebig mit Seife ein. Allerdings tun sie das innerhalb ihrer Baumwollunterhose, derer sie sich auch unter der Dusche nicht entledigen. Dies ist etwas, was ich noch nie gesehen habe. Außer bei diesen Sexsendungen im Fernsehen, in die ich selbstverständlich rein zufällig geraten bin, in der Frauen ihre Hand in ihr Höschen gleiten lassen um ihre Schamlippen zu sortieren. Alle drei von mir betrachteten Subjekte stammen aus dem arabischen Raum. Gibt es so etwas wie einen Genitalschleier? Vielleicht haben die armen Kerle ja keine Waschmaschine zu Hause und haben die Körperpflege mit der Wäschereinigung in genialer Weise kombiniert und optimiert. Wer weis das schon so genau. Vielleicht gibt es aber auch eine religiös inspirierte Regel, die es vorschreibt seine Genitalien nicht dem lüsternen Blick anderer preiszugeben. Vielleicht haben alle drei auch einfach nur einen Schwanz von inakzeptabler Größe und schämen sich dessen. Ich werde es ohne externe Hilfe in Form von Aufklärung nicht herausbekommen. Und ich traue mich einfach nicht zu fragen. Schließlich will ich mir durch meine Unwissenheit keine Blöße geben. Wirklich rätselhaft das Ganze.

... link (0 Kommentare)   ... comment